Unerwünschte Arzneimittelwirkungen sind häufiger als gedacht

Unerwünschte Arzneimittelwirkungen können Menschenleben riskieren. Lehrstühle der Universität Erlangen-Nürnberg und das Klinikum Fürth forschen, um die Patientensicherheit zu erhöhen.

Medikamente können Menschenleben retten. Aber viele haben auch Nebenwirkungen oder reagieren mit anderen Medikamenten. Bis zu 10 % der Patienten in den Notaufnahmen leiden an unerwünschten Arzneimittelwirkungen (UAW). Zudem treten bei vielen Patienten schwere UAW während eines Krankenhaus-aufenthaltes auf. In der westlichen Welt zählen UAW mit zu den häufigsten Todesursachen, obwohl nach Experten ca. 30 bis 40 % davon vermeidbar wären.

Das Bundesministerium für Gesundheit hat deshalb einen Aktionsplan zur Verbesserung der Arzneimitteltherapiesicherheit (AMTS) beschlossen, der unter anderem die Bewertung innovativer Ansätze zur systematischen Optimierung des Medikationsprozesses vorsieht. Eine von drei geförderten Studien wird vom Klinikum Fürth in Kooperation mit dem Lehrstuhl für Medizinische Informatik sowie dem Lehrstuhl für Klinische Pharmakologie und Klinische Toxikologie der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg durchgeführt. Seit September 2010 läuft die erste Studienphase in der Zentralen Notaufnahme des Klinikums Fürth.

Der Auftrag besteht darin, zu verstehen, wo Gefährdungen entstehen und wie man diese zukünftig vermeiden kann. Zwar gibt es schon länger Softwaresysteme, die den Arzt bei der Erkennung von UAW unterstützen könnten. Die Herausforderung ist jedoch, die Unterstützung in den Arbeitsablauf so zu integrieren, dass sie zu dem Zeitpunkt verfügbar ist, zu dem sie gebraucht wird. Aktuell wird in den Notaufnahmen noch viel handschriftlich auf Papier erfasst. „Wenn die Daten in die elektronische Patientenakte nachgetragen werden, ist es meist schon zu spät“, so Dr. Bürkle vom Lehrstuhl für Medizinische Informatik.

Daher wurde in Fürth eine auch über die Studie hinaus nutzbare Infrastruktur geschaffen, die relevante Patientendaten aus den verschiedensten klinischen Systemen rechtzeitig elektronisch erfasst und analysiert. Um auch die bisher nur auf Papier dokumentierten Informationen nutzbar zu machen, wurde mit dem sogenannten ePen ein neues, innovatives Dokumentationswerkzeug im Routinebetrieb etabliert. Ein ePen ist ein „intelligenter“ Kugelschreiber, der während des Schreibens ein Abbild der geschriebenen Informationen über eine digitale Kamera abspeichert. Diese Informationen werden mit einer automatischen Texterkennung erfasst. Stehen die Daten jetzt digital zur Verfügung, können UAW, Kontraindi­kationen und Arzneimittelinteraktionen in Echtzeit erkannt und an den Kliniker rückgemeldet werden.

Schon heute lässt sich erkennen, dass die Anzahl der unerwünschten Arzneimittelwirkungen höher ist als ursprünglich angenommen. „Das Potenzial, die Sicherheit für den Patienten zu erhöhen und dabei auch noch viel Geld zu sparen, ist enorm.“ sagt Dr. Dormann, Ärztlicher Leiter der Zentralen Notaufnahme des Klinikums Fürth.

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